In keinem anderen Feld der Zahnmedizin gab es in den letzten Jahren eine so gravierende Entwicklung wie in der Individualprophylaxe. Es ist jetzt möglich geworden, den größten Feind unserer Zähne, die Karies zuverlässig und andauernd zu verhindern und allen unseren Patienten ein kariesfreies Gebiß zu ermöglichen. Leider wird auf diesen doch sehr entscheidenden Fortschritt in der Zahnmedizin in den Massenmedien nur am Rande oder gar nicht hingewiesen.
Es ist uns daher ein besonderes Anliegen, Ihnen einige Informationen zur Individualprophylaxe zu geben: Aus zahlreichen klinischen Studien ist mittlerweile seit längerem bekannt, daß die Karies eine opportunistische Infektionskrankheit ist. Meist erfolgt die Erstinfektion der Kinder durch die Mutter oder andere enge Verwandte. Beinahe alle Menschen tragen also Kariesbakterien im Mundraum und nehmen, in welcher Form auch immer, Zucker zu sich. Organische Säuren werden gebildet, wobei hierbei die Milchsäure eine dominierende Rolle spielt. Somit ist jedem Patienten die Voraussetzung gegeben, Kariesläsionen auszubilden. Dennoch ist diese Neigung individuell sehr unterschiedlich.
Karies wird als opportunistische Krankheit bezeichnet, weil obwohl die Kariesbakterien stetig im Mundraum vorkommen, sich die Symptome der Erkrankung (Kariesbildung) nicht immer ausbilden. In stillen kariesinaktiven Phasen scheint der Patient fähig zu sein, den durch die Kariesbakterien verursachten Zahndemineralisationen entgegenzuwirken während dies in kariesaktiven Phasen nicht mehr gelingt. Als Folge treten Kariesläsionen auf.
Die Ursachen für diese Gleichgewichtverschiebung zur Kariesentstehung sind mannigfaltig. Die entscheidenden Faktoren können in drei große Klassen unterteilt werden:
1. Konstitution des Patienten: Mundhygiene, Speichelfluss, Säurepufferkapazität des Speichels, Plaquebildungsrate, individuelle Immunlage 2. Ernährungsgewohnheiten: Häufigkeit des Zuckerkonsumes 3. Wettbewerb zwischen den kariesauslösenden und sonstigen Bakterien der oralen Mikroflora.
Die Summe der Faktoren bestimmt letztlich das Kariespotential, welches von den Kariesbakterien im Mundraum ausgeht.
Mitentscheidende Parameter neben der augenblicklichen Immunabwehrsituation und des Speichels für die Verschiebung des Mundmilieus zur Kariesbildung sind also die Plaquebildung an den Zähnen und der Zuckerkonsum. Beides kann sehr gut von uns selbst beinflusst werden.
Nun aber zu den Kindern im kieferorthopädisch Alter: Hier richtet sich unser Hauptaugenmerk darauf, wie hoch die derzeitige Kariesaktivität ist. Diese Frage kann mit einem modernen Speicheltest geklärt werden. Hauptziel der prophylaktischen Maßnahmen beim Zahnarzt ist es, durch Beseitigung der Plaque mit den in ihr enthaltenen kariesauslösenden Bakterien ein möglichst günstiges Mundmillieu zu erreichen.
Hierbei stehen Zahnputzdemonstrationen und -übungen an erster Stelle. Mit speziellen Anfärbemethoden wird dem Patienten die kariesinfizierte Plaque sichtbar dargestellt und dadurch eine effiziente Zahnputztechnik trainiert. Daneben wird je nach Bedarf eine systematische professionelle Zahnreinigung von der Prophylaxeassistentin für schlecht zugängliche Stellen durchgeführt. Diese Maßnahmen werden durch gezielte Fluoridierungen und Chlorhexidinanwendungen mittels spezieller Lacke oder individuellen Trägerschienen bei schweren Fällen unterstützt. Die Fortschritte werden ausführlich dokumentiert und können mit einem erneuten Speicheltest kontrolliert werden. Daneben sollte auch eine gezielteErnährungsberatung durchgeführt werden.
Bei entsprechender Mitarbeit kann heute beinahe jedem Patienten kariesfreie Zähne ermöglicht werden. Nur in Verbindung mit einer vernünftigen Prophylaxe macht eine kieferorthopädische Behandlung richtig Sinn. Wir beraten Sie gerne über ein auf Ihr Kind zugeschnittenes Individualprophylaxeprogramm.